Die Wahl der richtigen Verhütung ist eine sehr persönliche Entscheidung, die viele Frauen beschäftigt. Dabei taucht immer wieder die Frage auf: Wie sicher ist meine Verhütung eigentlich? Der Pearl-Index gibt Ihnen als Orientierungshilfe wissenschaftlich fundierte Antworten auf diese wichtige Frage. Als Frauenärztin erkläre ich Ihnen gerne, was diese Zahlen bedeuten und wie Sie sie für Ihre persönliche Entscheidung nutzen können.
Das Wichtigste in Kürze
- Pearl-Index Definition: Der Pearl-Index gibt an, wie viele von 100 Frauen trotz Verhütung innerhalb eines Jahres schwanger werden (Beispiel: Pearl-Index 0,16 = etwa 1-2 von 1.000 Frauen werden schwanger)
- Sicherheitsbewertung: Je niedriger der Pearl-Index, desto sicherer ist die Verhütung
- Zwei Sicherheitsarten: Es gibt Unterschiede zwischen Methodensicherheit (perfekte Anwendung) und Anwendungssicherheit (Alltag mit Fehlern)
- Höchste Sicherheit: Die sichersten Methoden haben einen Pearl-Index unter 1
- Sicherste umkehrbare Methoden: Hormonstäbchen (0-0,08), Dreimonatsspritze (0,3-0,88) und Hormonspirale (0,16-0,2)
- Aktuelle Entwicklung: Moderne Studien zeigen leicht höhere Pearl-Index-Werte bei neuen Verhütungsmitteln
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Was ist der Pearl-Index?
Der Pearl-Index ist das weltweit anerkannte Maß zur Bewertung der Sicherheit von Verhütungsmethoden. Benannt wurde er nach dem amerikanischen Biologen und Statistiker Raymond Pearl (1879-1940), der diese Bewertungsmethode in den 1930er-Jahren entwickelte. Pearl wollte eine einfache mathematische Formel schaffen, mit der sich die Häufigkeit ungewollter Schwangerschaften pro 100 Frauenjahre vergleichbar berechnen lässt.
Wie wird der Pearl-Index berechnet?
Diese Berechnung ist vor allem für Wissenschaftler und Forscher relevant, die die Sicherheit von Verhütungsmitteln in Studien bewerten. Als Anwenderin müssen Sie diese Formeln nicht selbst anwenden, aber es hilft zu verstehen, wie die Pearl-Index-Werte entstehen, die Sie in Packungsbeilagen oder Beratungsgesprächen hören.
Die Berechnung erfolgt nach einer klaren Formel:
Pearl-Index = (Anzahl Schwangerschaften × 1200) ÷ (Anzahl Frauen × Anwendungsmonate)
Alternativ kann auch mit Menstruationszyklen gerechnet werden:
Pearl-Index = (Anzahl Schwangerschaften × 1300) ÷ (Anzahl Frauen × Anzahl Zyklen)
Dabei gilt: Je höher der errechnete Wert, desto unsicherer ist die Verhütungsmethode. Ein hoher Pearl-Index bedeutet also mehr ungewollte Schwangerschaften trotz Verhütung.
Was bedeuten die Zahlen konkret?
Ein praktisches Beispiel macht die Bedeutung deutlich: Verwenden 100 Frauen ein Jahr lang dieselbe Verhütungsmethode und werden dabei drei Frauen schwanger, beträgt der Pearl-Index 3. Bei einem Pearl-Index von 0,1 bedeutet das, dass nur eine von 1.000 Frauen innerhalb eines Jahres trotz Verhütung schwanger wird.
Wichtig zu verstehen: Diese Zahlen sind statistische Durchschnittswerte aus Studien. Ihr persönliches Risiko kann davon abweichen, je nach Alter, Fruchtbarkeit (von Ihnen und Ihrem Partner), wie genau Sie die Methode anwenden und anderen individuellen Faktoren.

Methodensicherheit oder Anwendungssicherheit?
Ein wichtiger Aspekt beim Pearl-Index ist die Unterscheidung zwischen zwei Arten der Sicherheitsbewertung:
Methodensicherheit („Perfect Use“)
Die Methodensicherheit gibt an, wie sicher eine Verhütungsmethode bei absolut korrekter Anwendung ist. Diese Werte werden meist in kontrollierten Studien unter idealen Bedingungen ermittelt. Hier werden nur Schwangerschaften gezählt, die trotz perfekter Anwendung auftreten.
Anwendungssicherheit („Typical Use“)
Die Anwendungssicherheit berücksichtigt die Realität des Alltags. Sie bezieht Anwendungsfehler mit ein, wie vergessene Pilleneinnahmen, verrutschte Kondome oder nicht korrekt eingesetzte Diaphragmen. Diese Werte sind meist höher und zeigen die tatsächliche Sicherheit im praktischen Gebrauch.
Pearl-Index verschiedener Verhütungsmethoden
Die folgende Tabelle zeigt die Pearl-Index-Werte der wichtigsten Verhütungsmethoden basierend auf internationalen Studien:
Verhütungsmethode | Pearl-Index (Methodensicherheit) | Pearl-Index (Anwendungssicherheit) |
---|---|---|
Hormonelle Methoden | ||
Kombinationspille | 0,1-0,9 | 2-9 |
Minipille | 0,5-3 | 3-8 |
Hormonspirale | 0,16-0,2 | 0,16-0,2 |
Verhütungsring | 0,4-0,65 | 2-9 |
Verhütungspflaster | 0,72-0,9 | 2-9 |
Dreimonatsspritze | 0,3-0,88 | 3-6 |
Hormonstäbchen | 0-0,08 | 0-0,08 |
Hormonfreie Methoden | ||
Kupferspirale | 0,3-0,8 | 0,3-0,8 |
Kupferkette | 0,1-0,5 | 0,1-0,5 |
Kondom | 2 | 12-18 |
Diaphragma | 6 | 12-20 |
Portiokappe | 9-26 | 16-32 |
Natürliche Familienplanung | ||
Temperaturmethode (allein) | 0,8-3 | 2-5 |
Symptothermale Methode | 0,3-0,6 | 2-25 |
Billings-Methode | 5-15 | 15-25 |
Kalendermethode | 9-40 | 20-40 |
Sterilisation | ||
Sterilisation Mann | 0,1 | 0,15 |
Sterilisation Frau | 0,2-0,3 | 0,5 |
Ohne Verhütung | 85 | 85 |
Diese Zahlen bedeuten konkret: Hat eine Verhütungsmethode einen Pearl-Index von 1, wird statistisch eine von 100 Frauen innerhalb eines Jahres trotz Verhütung schwanger. Bei einem Pearl-Index von 0,1 ist es nur eine von 1.000 Frauen. Je niedriger die Zahl, desto sicherer schützt die Methode vor einer ungewollten Schwangerschaft.
Beachten Sie: Diese Werte stammen aus kontrollierten Studien mit bestimmten Teilnehmergruppen. Ihre individuelle Situation kann deutlich davon abweichen.

Warum haben selbst Sterilisationen keinen Pearl-Index von 0,0?
Viele Frauen fragen sich, warum selbst die Sterilisation nicht zu 100% sicher ist. Tatsächlich gibt es auch bei diesem eigentlich endgültigen Eingriff seltene, aber dokumentierte Versagerfälle:
Bei der Sterilisation der Frau können auftreten:
- Rekanalisierung: Die durchtrennten Eileiter wachsen in sehr seltenen Fällen wieder zusammen
- Unvollständige Operation: Nicht alle Eileiterteile wurden vollständig durchtrennt oder verschlossen
- Bereits bestehende Schwangerschaft: Zum Zeitpunkt der Sterilisation war bereits eine frühe, noch nicht erkannte Schwangerschaft vorhanden
- Eileiterschwangerschaft: Nach Sterilisation besteht ein leicht erhöhtes Risiko für Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter
Bei der Sterilisation des Mannes sind möglich:
- Rekanalisierung: Die Samenleiter können wieder zusammenwachsen
- Restspermien: In den ersten Monaten nach dem Eingriff sind noch befruchtungsfähige Spermien vorhanden
- Anatomische Besonderheiten: Seltene doppelte Samenleiter, die übersehen wurden
In der Medizin gibt es praktisch keine 100%ige Sicherheit. Selbst bei irreversiblen Eingriffen können biologische Heilungsprozesse oder seltene anatomische Varianten zu Versagern führen. Die sehr niedrigen Pearl-Index-Werte (0,1-0,5) zeigen aber, dass Sterilisationen zu den sichersten Verhütungsmethoden überhaupt gehören.

Warum steigen Pearl-Index-Werte bei neueren Verhütungsmitteln?
Internationale Studien zeigen einen interessanten Trend: Die Pearl-Index-Werte moderner Verhütungsmittel sind in den letzten Jahrzehnten leicht angestiegen. Eine wichtige Studie von Gerlinger et al. (2014) untersuchte diese Entwicklung genauer.
- Genauere Studienmethoden: Moderne Schwangerschaftstests erfassen heute mehr Frühschwangerschaften, die früher unentdeckt blieben. Dies führt zu höheren gemessenen Versagerquoten, so die Analyse von Trussell (2013) in „The Creeping Pearl“.
- Breitere Studienpopulationen: Heutige Studien umfassen verschiedenere Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen ethnischen und sozialen Hintergründen. Faktoren wie vorherige Schwangerschaften und keine vorherige hormonelle Verhütung führen zu höheren Pearl-Indizes.
- Realitätsnähere Bedingungen: Zulassungsstudien bilden heute eher die tatsächliche Anwenderschaft ab, statt nur besonders motivierte Gruppen zu untersuchen.
Beispiele aus aktuellen Studien
Während ältere Kombinationspillen häufig Pearl-Indizes unter 2 aufwiesen, liegen die Werte für kürzlich zugelassene Präparate teilweise zwischen 2 und 3. Zur Erinnerung: Ein höherer Wert bedeutet weniger Sicherheit, also mehr ungewollte Schwangerschaften trotz Verhütung.
Beispiele aus US-amerikanischen Zulassungsstudien:
- LoSeasonique: Pearl-Index 2,74
- Lo Loestrin Fe: Pearl-Index 2,92
- Quartette: Pearl-Index 3,19
- Yasmin: Pearl-Index 0,41
- Yaz: Pearl-Index 1,29
Quelle: Gerlinger et al., „Different Pearl Indices in Contraceptive Studies“, 2014

Grenzen des Pearl-Index
Obwohl der Pearl-Index weltweit verbreitet ist, hat er auch methodische Schwächen:
Statistische Probleme
Der Pearl-Index nimmt eine konstante Versagerrate über die Zeit an, was nicht der Realität entspricht. Tatsächlich sind Schwangerschaften zu Beginn der Anwendung häufiger, da Paare mit höherem Schwangerschaftsrisiko oder häufigeren Anwendungsfehlern schneller aus Studien ausscheiden.
Fehlende Berücksichtigung wichtiger Faktoren
Der Pearl-Index berücksichtigt viele wichtige Faktoren nicht:
- Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs
- Alter der Anwenderinnen (jüngere Frauen sind oft fruchtbarer)
- Fruchtbarkeit des Partners (männliche Faktoren beeinflussen das Schwangerschaftsrisiko erheblich)
- Motivation und Erfahrung bei der Anwendung
- Dauer der Studienlaufzeit
Besonders das Alter spielt eine wichtige Rolle: Eine 20-jährige Frau hat eine andere natürliche Fruchtbarkeit als eine 40-jährige. Ohne Verhütung liegt der Pearl-Index altersabhängig bei etwa 92 (19-26 Jahre), 86-87 (27-34 Jahre) und 82 (35-39 Jahre).
Diese unterschiedliche Grundfruchtbarkeit beeinflusst auch die Wirksamkeit von Verhütungsmethoden. Ebenso kann die Fruchtbarkeit des männlichen Partners das tatsächliche Schwangerschaftsrisiko deutlich beeinflussen.
Life-Table-Analysen als moderne Alternative
Deshalb setzen Forscher zunehmend auf Life-Table-Analysen (Überlebenszeitanalysen), die realistischere Aussagen zur Wirksamkeit von Verhütungsmethoden treffen können. Anders als beim Pearl-Index wird hier nicht ein einzelner Wert für ein ganzes Jahr berechnet. Stattdessen wird für jeden Monat oder Zyklus separat ermittelt, wie viele Frauen schwanger werden. Diese monatlichen Werte werden dann zu einer Gesamtwahrscheinlichkeit zusammengefasst.
Der entscheidende Vorteil: Life-Table-Analysen berücksichtigen, dass im Studienverlauf Frauen ausscheiden, sei es durch Schwangerschaft, Nebenwirkungen oder andere Gründe. Der Pearl-Index hingegen teilt einfach alle Schwangerschaften durch alle ursprünglichen Teilnehmerinnen, auch wenn viele die Studie längst verlassen haben. Das kann zu irreführend niedrigen Werten führen.
Beispiel: Statt zu sagen, ein Verhütungsmittel hat einen „Pearl-Index 0,15“, würde eine Life-Table-Analyse aussagen, das Mittel hat eine „1,37% Wahrscheinlichkeit, innerhalb von 8 Jahren schwanger zu werden“.
Das ist für Patientinnen oft verständlicher, weil es direkt die persönliche Wahrscheinlichkeit angibt. Allerdings haben Life-Table-Analysen dasselbe Problem wie der Pearl-Index: Sie berücksichtigen nicht automatisch individuelle Faktoren wie Alter oder Fruchtbarkeit, es sei denn, die Studie wurde speziell dafür entwickelt.

Individuelle Verhütungsberatung in unserer Praxis in Oldenburg
Jede Frau hat andere Bedürfnisse, gesundheitliche Voraussetzungen und Lebensumstände. Was für eine Freundin die perfekte Lösung ist, muss nicht automatisch auch für Sie passen. In einem ausführlichen Beratungsgespräch können wir gemeinsam die Vor- und Nachteile verschiedener Methoden abwägen.
Moderne Diagnostik nutzen
In unserer Praxis können wir mit modernster Diagnostik Ihre individuellen Voraussetzungen genau bestimmen. Bei Interesse an natürlicher Familienplanung unterstützen wir Sie beispielsweise beim Erlernen der symptothermalen Methode mit entsprechenden Hilfsmitteln.
Langfristige Betreuung
Die Wahl der Verhütung ist keine einmalige Entscheidung. Ihre Bedürfnisse können sich im Laufe des Lebens ändern. Regelmäßige Gespräche helfen dabei, die optimale Methode für Ihre aktuelle Situation zu finden.
Vereinbaren Sie gerne einen Termin für eine persönliche Verhütungsberatung:
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Unser Fazit: Pearl-Index als Orientierungshilfe verstehen
Der Pearl-Index bietet Ihnen eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Wahl Ihrer Verhütung. Auch wenn er methodische Grenzen hat, bleibt er das weltweit wichtigste Vergleichsmaß für Verhütungssicherheit. Wichtig ist zu verstehen, dass die Zahlen nur einen Aspekt bei der Auswahl darstellen.
Moderne Verhütung bedeutet heute mehr als nur Schwangerschaftsschutz. Es geht um Ihre Gesundheit, Ihr Wohlbefinden und Ihre Lebensqualität. In unserer Praxis nehmen wir uns die Zeit, mit Ihnen gemeinsam die beste Lösung für Ihre individuelle Situation zu finden.

FAQ – Häufige Fragen
Das liegt daran, dass verschiedene Studien unter unterschiedlichen Bedingungen durchgeführt werden. Manche Hersteller testen ihre Verhütungsmittel nur unter idealen Bedingungen (Methodensicherheit), während andere Studien auch Anwendungsfehler mit einbeziehen (Anwendungssicherheit). Zusätzlich können die Altersgruppen der Teilnehmerinnen, die Dauer der Untersuchung und sogar das Land, in dem die Studie stattfindet, zu verschiedenen Ergebnissen führen. Das ist völlig normal und erklärt, warum Sie manchmal verwirrende Angaben finden. Am besten lassen Sie sich von Ihrer Frauenärztin erklären, welche Werte für Ihre persönliche Situation am aussagekräftigsten sind.
Ein niedriger Pearl-Index bedeutet zwar eine hohe Verhütungssicherheit, aber die „beste“ Verhütung ist trotzdem für jede Frau anders. Neben der Sicherheit spielen auch andere Faktoren eine wichtige Rolle: Wie gut vertragen Sie die Methode? Ist sie einfach anzuwenden? Passt sie zu Ihrem Lebensstil? Eine Methode mit Pearl-Index 0,1 nützt Ihnen nichts, wenn Sie sie nicht regelmäßig anwenden können oder unter starken Nebenwirkungen leiden. Deshalb ist eine individuelle Beratung so wichtig, um alle Aspekte gemeinsam zu betrachten.
Seien Sie vorsichtig beim direkten Vergleich von Pearl-Index-Zahlen aus verschiedenen Quellen. Die Werte sind nur bedingt vergleichbar, weil die Studien oft sehr unterschiedlich durchgeführt werden. Verschiedene Faktoren wie die Dauer der Untersuchung, die Art der Teilnehmerinnen oder sogar kulturelle Unterschiede zwischen den Ländern können die Ergebnisse beeinflussen. Auch unterschiedliche Gesundheitssysteme und verschiedene Standards bei der Verhütungsaufklärung spielen eine Rolle. Eine fachkundige Beratung hilft Ihnen dabei zu verstehen, welche Zahlen für Ihre persönliche Situation wirklich relevant sind.
Das liegt hauptsächlich daran, dass früher weniger genau gemessen wurde. Bei älteren Verhütungsmitteln verwendete man Schwangerschaftstests, die erst relativ spät eine Schwangerschaft erkennen konnten. Sehr frühe Schwangerschaften (biochemische Schwangerschaften), die von selbst wieder verschwanden, blieben dadurch unentdeckt. Heute nutzen wir viel empfindlichere Tests, die bereits wenige Tage nach der Befruchtung anschlagen. Dadurch werden mehr Schwangerschaften erfasst, was zu realistischeren, aber höheren Pearl-Index-Werten führt. Außerdem wurden früher oft nur besonders motivierte Frauen in die Studien eingeschlossen. Ein scheinbar schlechterer Pearl-Index bei neuen Verhütungsmitteln kann also paradoxerweise ein Zeichen für ehrlichere und genauere Untersuchungen sein.
Ja, Ihr Alter beeinflusst tatsächlich, wie aussagekräftig ein Pearl-Index für Sie persönlich ist. Jüngere Frauen sind natürlicherweise fruchtbarer als ältere. Während von 100 zwanzigjährigen Frauen ohne Verhütung etwa 92 innerhalb eines Jahres schwanger werden, sind es bei Frauen zwischen 35 und 39 Jahren nur noch 82. Das bedeutet: Dieselbe Verhütungsmethode wirkt bei älteren Frauen scheinbar sicherer, einfach weil die natürliche Fruchtbarkeit abnimmt. Ein Pearl-Index von 2 bei einer Studie mit überwiegend 35-jährigen Teilnehmerinnen ist deshalb nicht direkt mit einem Pearl-Index von 2 bei 20-jährigen Frauen vergleichbar. Leider berücksichtigen viele Studien diese Altersunterschiede nicht ausreichend.
Ja, Pearl-Index-Werte können sich zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen erheblich unterscheiden, selbst bei derselben Verhütungsmethode. Das liegt an vielen Faktoren: Unterschiede im Bildungsstand, in der Qualität der Verhütungsaufklärung, in kulturellen Einstellungen zur Familienplanung und in den Gesundheitssystemen. In Ländern mit schlechterer Aufklärung passieren beispielsweise mehr Anwendungsfehler, was zu höheren Pearl-Index-Werten führt. Auch die Verfügbarkeit der „Pille danach“ (Notfallverhütung) kann die Ergebnisse beeinflussen. Deutsche Pearl-Index-Studien sind deshalb nicht automatisch auf andere Kulturen übertragbar. Für eine fundierte Bewertung sollten möglichst Studien aus ähnlichen gesellschaftlichen Verhältnissen betrachtet werden.
Die Dauer einer Studie hat großen Einfluss darauf, wie vertrauenswürdig die Pearl-Index-Werte sind. Bei sehr kurzen Studien unter sechs Monaten können saisonale Schwankungen der Fruchtbarkeit das Ergebnis verfälschen. Außerdem sind die Teilnehmerinnen in den ersten Monaten oft besonders motiviert und vorsichtig, was unrealistisch gute Werte erzeugt. Bei sehr langen Studien über zwei Jahre hinaus gibt es das umgekehrte Problem: Viele Frauen brechen die Studie ab, und es bleiben nur noch die besonders erfahrenen und motivierten Anwenderinnen übrig. Das führt zu unrealistisch niedrigen Pearl-Index-Werten. Die meisten Experten betrachten Studien zwischen 12 und 24 Monaten als am aussagekräftigsten. Zusätzlich sollten nicht mehr als 20% der Teilnehmerinnen vorzeitig ausscheiden.
Der Unterschied zeigt, wie unperfekt wir Menschen sind. Die Methodensicherheit (perfekte Anwendung) zeigt, wie gut eine Verhütung theoretisch funktioniert, wenn alles richtig gemacht wird. Die Anwendungssicherheit (normale Anwendung) berücksichtigt hingegen die Realität: vergessene Pillen, Durchfall, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Anwendungsfehler. Bei der Pille kann dieser Unterschied dramatisch sein: von 0,1-0,9 (perfekt) auf 2-9 (normal). Das liegt daran, dass bereits wenige vergessene Pillen oder Magen-Darm-Probleme die Wirksamkeit stark reduzieren können. Interessant ist, dass bei Langzeitmethoden wie der Hormonspirale beide Werte fast identisch sind, weil Anwendungsfehler praktisch unmöglich sind. Für Ihre persönliche Entscheidung ist meist die Anwendungssicherheit relevanter.
Ja, viele Faktoren können Pearl-Index-Studien erheblich beeinflussen, ohne dass das sofort erkennbar ist. Ein wichtiger Punkt ist die sexuelle Aktivität der Paare, die in vielen Studien nicht einheitlich erfasst wird. Paare mit sehr häufigem Geschlechtsverkehr haben naturgemäß ein höheres Schwangerschaftsrisiko. Ebenso können unerkannte Fruchtbarkeitsprobleme beim männlichen Partner die Ergebnisse nach unten verfälschen, weil weniger Schwangerschaften auftreten als normal. Weitere Verzerrungen entstehen durch unterschiedliche Faktoren wie Stillzeiten bei Müttern, verschiedene Gewichtsverteilungen der Teilnehmerinnen oder den Ausschluss bestimmter Risikogruppen. Besonders problematisch sind Studien, die Frauen ausschließen, die schon einmal eine Verhütungspanne hatten, obwohl diese Gruppe in der Realität häufig vorkommt.
Die enormen Schwankungen bei natürlichen Methoden (zum Beispiel symptothermale Methode: 0,3-25) liegen daran, dass hier viel mehr von der korrekten Anwendung abhängt als bei hormonellen Methoden. Anders als bei der Pille müssen Sie bei natürlicher Familienplanung (NFP) intensiv lernen, täglich Ihre Körpersignale beobachten und diese richtig interpretieren. Studien zeigen riesige Unterschiede zwischen gut geschulten, motivierten Anwenderinnen und solchen ohne fundierte Ausbildung. Zusätzlich erschweren Faktoren wie Schichtarbeit, unregelmäßiger Schlaf oder Stress die korrekte Anwendung, weil sie die Körpersignale durcheinanderbringen können. Bei perfekter Anwendung liegt die Sicherheit sehr hoch (0,3-0,6), aber durch Interpretationsfehler oder unvollständige Aufzeichnungen kann die praktische Sicherheit drastisch abfallen. Entscheidend ist eine qualifizierte Beratung und konsequente Anwendung.

Glossar – Wichtige Fachbegriffe erklärt
- Anwendungssicherheit: Die Verhütungssicherheit einer Methode unter realen Alltagsbedingungen, einschließlich typischer Anwendungsfehler. Dieser Wert ist meist höher als die Methodensicherheit und für die Praxis relevanter.
- Beta-HCG-Test: Hochsensibler Hormontest zum Nachweis einer Schwangerschaft bereits wenige Tage nach der Befruchtung. Moderne Tests erfassen auch biochemische Schwangerschaften, die früher unentdeckt blieben.
- Dropout-Rate: Der Anteil der Studienteilnehmerinnen, die vor Studienende ausscheiden. Eine hohe Dropout-Rate kann die Aussagekraft des Pearl-Index erheblich verfälschen.
- Frauenjahre: Die Maßeinheit zur Pearl-Index-Berechnung, die sich aus der Anzahl der Teilnehmerinnen multipliziert mit der Anwendungsdauer in Jahren ergibt. Ein Frauenjahr entspricht zwölf Anwendungsmonaten.
- Life-Table-Analyse: Moderne statistische Methode zur Bewertung der Verhütungssicherheit, die realistischere Ergebnisse als der Pearl-Index liefert. Sie berücksichtigt das zeitabhängige Ausscheiden von Studienteilnehmerinnen.
- Methodensicherheit: Die theoretische Verhütungssicherheit bei perfekter, fehlerfreier Anwendung einer Methode. Diese Werte werden meist in kontrollierten Studien unter idealen Bedingungen ermittelt.
- Perfect Use: Englischer Begriff für die Methodensicherheit, also die Anwendung einer Verhütungsmethode ohne jegliche Fehler oder Auslassungen. In der Realität nur selten erreichbar.
- Pearl-Index: Statistische Kennzahl, die angibt, wie viele von 100 Frauen trotz Verhütung innerhalb eines Jahres schwanger werden. Je niedriger der Wert, desto sicherer die Methode.
- Selection Bias: Systematische Verzerrung in Studien durch die bewusste oder unbewusste Auswahl bestimmter Teilnehmergruppen. Kann zu unrealistisch niedrigen oder hohen Pearl-Index-Werten führen.
- Subfertilität: Eingeschränkte Fruchtbarkeit, die zu einer verlängerten Zeit bis zur Empfängnis führt. Kann bei männlichen oder weiblichen Partnern auftreten und Pearl-Index-Studien beeinflussen.
- Symptothermale Methode: Natürliche Verhütungsmethode, die Körpertemperatur und Zervixschleim zur Bestimmung der fruchtbaren Tage kombiniert. Erfordert intensive Schulung und konsequente Anwendung.
- Typical Use: Englischer Begriff für die Anwendungssicherheit, also die Verhütungssicherheit unter realen Alltagsbedingungen mit typischen Anwendungsfehlern. Meist höher als Perfect Use.
- Versagerquote: Der Anteil ungewollter Schwangerschaften trotz Verhütung, ausgedrückt als Pearl-Index. Ein niedriger Wert bedeutet wenige Versager und hohe Sicherheit.
- Zervixschleim: Sekret des Gebärmutterhalses, dessen Beschaffenheit sich zyklusabhängig verändert. Wichtiger Indikator für die Fruchtbarkeit bei natürlichen Verhütungsmethoden.
- Zyklusmonitoring: Systematische Überwachung und Aufzeichnung von Körpersignalen während des Menstruationszyklus. Grundlage für natürliche Familienplanung und Fruchtbarkeitsdiagnostik.